Barock

Barock (1575 - 1770): üppige Formen im Glanz des Sonnenkönigs

Barocker Stil – das wird zumeist eindeutig assoziiert mit Ludwig XIV, dem Sonnenkönig, mit dem Schloss von Versailles, klassischer Schönheit und üppigen Formen. Tatsächlich entwickelt sich der französische Hof im 17. Jahrhundert zum entscheidenden Impulsgeber für die europäische Kultur. Dies betrifft auch die Möbel und die Kunst, sich einzurichten.

Barock Schloss

Das zwischen 1661 und 1984 in Versailles errichtete Schloss avanciert bis zur Mitte des 18.Jahrhunderts zum Vorbild fast aller europäischen Herrschersitze. Häuser und Paläste bilden nun nicht mehr bloß ein Konglomerat von Räumen, sondern sind übergreifend aufeinander bezogen. Angestrebt wird die Erschaffung eines homogen gearteten Gesamtkunstwerkes, das im Idealfall mit höfischem Ambiente in seinen Unterteilungen ganz speziellen Aufgaben zu dienen hat. Im bürgerlichen Milieu können diese Idealvorstellungen nur selten realisiert werden. Allerdings besteht in Anlehnung an das wirkungsmächtige Beispiel französisch-barocker Prägung durchaus ein starker Wunsch nach komplexer Durchgestaltung. Er findet seinen Niederschlag vor allem in der räumlichen Ausstattung. Hier wird bevorzugt mit einheitlichem, aufeinander abgestimmtem Mobiliar operiert – also Sitzgruppen, Kommoden und Spiegeln sowie passenden Bezügen und Raumtextilien. In Deutschland findet aufgrund des Dreißigjährigen Krieges von 1618 bis 1648 diese Entwicklung verspätet statt. Erst ab der Jahrhundertwende beginnt man hier, kräftig aufzuholen. Im 18. Jahrhundert werden dann („dann“ löschen) im deutschsprachigen Raum zahlreiche und zum Teil außerordentlich qualitätsvolle Möbel geschaffen.

Barock

Barockmöbel

Empfangszimmermöbel, Konsolentische, Kommoden, Armlehnstühle, Armlehnensessel und Schreibschränke – die neue Vielfalt an Möbelstücken im Barock spiegelt nicht zuletzt auch deren veränderten gesellschaftlichen Stellenwert wider. Möbel dienen nun vermehrt auch repräsentativen Zwecken, die Möbelherstellung selbst wird zum Kunsthandwerk. Dies äußert sich in prachtvollen Verzierungen, geschwungenen Formen, gebauchten Flächen und üppigen Ornamenten. Poliertes Holz ermöglicht ein kunstvolles Spiel aus Licht und Schatten. Einlegearbeiten aus Schildpatt, Elfenbein, Halbedelsteinen und Metall ermöglichen anspruchsvolle wie edle Muster und Texturen. Allerdings bleiben dabei immer strenge Grundformen und homogene Proportionen des Möbelstücks gewahrt.

Als Grundmaterial dienen bevorzugt Edelholzarten wie Nussbaum, Ebenholz oder Palisander. Zur Beschmückung wird auf Bronzeapplikationen, Schnitzereien und Lackmalerei zurückgegriffen. Aufwendige Drechselarbeiten sowie mit Masken und Figuren verzierte Beine und Füße kennzeichnen die barocken Möbelstücke. So erhalten die Beinformen von Stühlen oder Sesseln gedrechselte Baluster, gewundene Säulen oder schwere Volute. Die Füße sind durch Stege untereinander verbunden, im Kreuzpunkt wartet ein geschnitztes Emblem auf, die Armlehnen sind häufig geschwungen und eingedreht. Als Bezugsstoffe kommen Samt, Seide, Gobelin oder Straminstickerei zur Anwendung, mitunter auch Leder. Die Sitze sind in der Regel gepolstert und an den Rändern mit Messingpolsternägeln abgesetzt.

Barock SchrankDer Schrank als typisches Möbelstück der Zeit kommt massiv oder zusätzlich furniert daher, mit Schubladen im Sockel und großzügigen Füllungen, eingefasst mit reichhaltigen Profilleisten. Große Ausziehtische werden mit Balusterbeinen und üppigem Schnitzwerk versehen. Auch typisch für diese Zeit: Doppelkommoden mit „ausgebauchtem“ Unterteil. Trotz Größe und reichlicher Beschmückung sind die Möbel durchdacht gebaut und von insgesamt erhabener Form. Als typische Erkennungsmerkmale verfügen sie über verschlungene, verwegene Motive, so genanntes Knorpelwerk oder Ohrmuschelornament, Akanthusblätter, Voluten, figurales Schnitzwerk, Baluster und Pilaster. Mehrheitlich sind die Objekte symmetrisch gehalten.

Zur Behandlung werden hauptsächlich Techniken genutzt, die der glatten, harten Holzoberfläche gerecht werden. Dafür kommen das Ölen, Wachsen, Mattieren, die imitierende asiatische Lackierung und die eventuell vorhergehende Bemalung, Vergoldung und farbliche Behandlung in Frage. Obwohl sich die Stilausprägungen der einzelnen Länder einander zunehmend annähern, bleiben doch weiterhin signifikante Unterschiede erkennbar. So sind allein in Deutschland aus dieser Zeit die verschiedenen Schranktypen „Frankfurter“, „Hamburger“, „Lübecker“ und „Danziger“ bekannt.

Das Zentrum der barocken Möbelkunst bleibt unbestritten Frankreich. Dort kreiert der herausragende Möbelschreiner André Charles Boulle ungewöhnliche Formen und ist schließlich der Erste, der Möbel mit Bronzebeschlägen, Kantenverstärkungen und rein dekorativen Applikationen versieht. Seine Intarsien, die aus Metall (Zinn, Gold, Bronze oder Silber), Horn und Ebenholz bestehen, bilden ein homogenes Ensemble von Motiven, die ihrerseits ihren Ursprung in antikisierenden Formen der Renaissance haben.

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